Bühnenstück zeigt Vertreibung und Asyl aus Sicht eines Flüchtlingsmädchens

Hohe Bühnenpräsenz und ein mitreißendes Spiel zeigte Schauspielerin Anja Kleinhans am letzten Schultag vor den Herbstferien in der Aula des Leibniz-Gymnasiums. Bei ihrem Stück „Beshno Az Ney – Kleine Anfrage nach Humanität“ wurde sie von Mehmet Ungan, dem Leiter der Orientalischen Musikakademie Mannheim, begleitet. Auf der Neyflöte und der Kurzhalslaute Oud beschrieb er musikalisch die jeweilige atmosphärische Stimmung. Organisiert wurde das zweistündige Gastspiel von Musik- und Deutschlehrerin Sophie Johannes.
Erinnerung, Hoffnung, Realität, Perspektive
„Beshno az ney“ ist Persisch und bedeutet „Hör auf die Rohrflöte“, die Ney, deren wehklagender Ruf nach der ursprünglichen Heimat, aus der sie einst gerissen wurde, „die menschliche Seele rühren soll und auf dem heilsamen Weg zur Wiederheimkehr in die Liebe geleitet“, so Autorin Anja Kleinhans. Es ist eine Art modernes Märchen mit Elementen realer Flüchtlingsberichte, erfundener gesellschaftlicher Entwicklungsprozesse und der Erfahrungen mystischer Traditionen. Kleinhans vermag es bei der Aufführung im Leibniz, die Schülerinnen und Schüler emotional mitzureißen. Sie schildert aus der Sicht eines jungen Flüchtlingsmädchen beunruhigende Situationen und beeindruckende Ereignisse, erzählt insbesondere von eigenen Ängsten und Nöten. Erinnerungen an die schöne syrische Heimat, an grausame Kriegsszenarien und Zerstörungen, an die gefährliche und schwierige Flucht werden vom Publikum miterlebt. Schließlich zeigt Kleinhans das Spannungsfeld zwischen Hoffnung und Realität in Deutschland auf. Die sich anschließende Fiktion lädt ein zum Blick in die Zukunft bis ins Jahr 2049, warnend vor einem potentiell zerfallenden Europa, verbundenden mit dem ermutigenden Appell an alle, Mitverantwortung zu übernehmen. Am Ende richtet sich die Darstellerin ganz konkret an die Schüler mit der Mahnung: „Wir sind für das Jetzt verantwortlich!“
Schülermeinung: „Emotional packende Darstellung“
Viele positive Rückmeldungen gibt es seitens der Schülerschaft, manche suchen auch nach der Aufführung das Gespräch mit Anja Kleinhans, die sich gerne Zeit für Rückfragen nimmt. Der Meinung einer Schülerin im nachbetrachtenden Gespräch schließen sich viele Zuschauer an: „Ich empfand das Theaterstück überaus berührend. Die Geschichte hat mich sehr gepackt und mir insbesondere die emotionalen Sorgen der Flüchtlinge aufgezeigt. Die Schauspielerin hat diese Ängste sehr gut dargestellt, und die musikalische Begleitung hat alles deutlich unterstrichen.“ Organisatorin Sophie Johannes fasst zusammen: „Ich persönlich war emotional sehr mitgenommen, da der Blick auf ‚die andere Seite‘ geöffnet wurde. Wir sehen unsere Sicht und die damit verbundenen gesellschaftlichen Probleme, befassen uns oft aber nicht mit dem Einzelfall, können uns nicht so einfühlen. Diese vielseitigen Aspekte wurden sehr gut vermittelt.“
Hintergrundinformation
Das Bühnenspiel „Beshno Az Ney – Kleine Anfrage nach Humanität“ der Theatermacherin Anja Kleinhans basiert auf dem gleichnamigen Gedicht „Beshno az ney“ des berühmten Sufi-Dichters und -Mystikers Rumi. Es möchte eine Brücke über scheinbare Grenzen wie zwischen Islam und Christentum und überhaupt zwischen Menschen unterschiedlicher Kulturkreise schlagen. Der Text zu diesem Schauspiel entstand als Auftragswerk der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz zum Kooperationsprojekt Lieder aus der Fremde der Staatsphilharmonie, des Pera-Ensembles und des TheaderFreinsheim, das am 27. Mai 2016 in der Staatsphilharmonie in Ludwigshafen zur gefeierten Uraufführung kam (autorisierte Aufzeichnung des OK-TV Ludwigshafen unter www.youtube.com/watch?v=l8FI_o4zWSY&t=931s). „Beshno az ney“ erhielt im Dezember 2016 in der Staatskanzlei Mainz den Ehrenpreis des Helmut-Simon-Preises der Diakonie in Rheinland-Pfalz für ermutigende Projekte zur Überwindung von Armut und sozialer Ausgrenzung. Infos zum „TheaderFreinsheim“ von Anja Kleinhans und zu seinem Repertoire unter www.www.theader.de.
Text: ZMM, Fotos: JHS